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[Überblick]

Ich fand, es ist mal an der Zeit, ein wenig Ordnung in die Challenge zu bringen. Immerhin ist es auch für mich schwierig geworden, immer die...

24.07.2016

[01 Introduction]

Neulich blätterte ich durch meine Favoriten auf dA und stolperte über eine 50 Themes Challenge, an die ich mich nie getraut habe. Oder ich habe sie einfach vergessen, das ist natürlich auch möglich. Da mir auf meinen Busfahrten in den vergangenen Wochen die Ideen ein wenig ausgegangen sind, habe ich die Challenge als neuen Denkanstoß genommen. Mal schauen, wie weit ich komme.



Elrica verbarg sich hinter einem Baum, um einen Moment Luft holen zu können. Dabei durfte ihr Herz rasen, wenn nur ihr Atem nicht zu hören war. Sie wusste nicht, von wie vielen Leuten sie verfolgt wurde, sie hatte nur mitbekommen, dass sie entdeckt worden war. Aber sie war schnell, das war ihr Vorteil. „Wiesel“, so nannte Rowan sie deswegen. Zuerst hatte sie gedacht, er wolle sie damit aufziehen, doch irgendwann hatte sie den Respekt gesehen, der sich hinter dem Spitznamen versteckte. Auch ein Spitzname besaß jedoch zu wenig Kraft, um sie vor einer Bestrafung zu schützen, sollte sie jemand erwischen.
Ihr Diebesgut lag gut geschützt in ihren beiden Händen, solange sie sie noch hatte. Wurde sie geschnappt, könnte sie vielleicht eine oder sogar beide verlieren. Was nicht schlimm wäre, solange sie nur weiter lebte. Doch eine böse Stimme in ihrem Hinterkopf flüsterte ihr zu, dass das eine Strafe für Männer war. Was genau mit diebischen Frauen geschah, wollte sie sich nicht ausmalen, weshalb sie immer sehr viel Wert darauf gelegt hatte, ihre Natur gegebene Schnelligkeit zu erhalten und weiter auszubauen.
Zwischen den Bäumen einige Schritte von ihr entfernt vernahm sie hektische Stimmen, die den Dieb suchten. Keine Zeit mehr, sie musste weg, ehe man sie doch noch aufspürte!
Flink bewegte sie sich zwischen den Pflanzen hindurch, immer in sicherer Entfernung zum festen Pfad durch den Wald. Ihr kleiner schmaler Körper half ihr, sich im Verborgenen zu halten, ihre braune Kleidung machte das Versteckspiel so gut wie perfekt.
Rowan würde Augen machen, wenn er sah, was sie diesmal ergattert hatte. Er würde natürlich sagen, es sei das Risiko nicht wert gewesen, aber tief in sich wusste Elrica, dass er stolz auf sie war. Ein wenig eifersüchtig auch, aber hauptsächlich stolz.
Sie malte sich gerade aus, wie man ihre Beute möglichst gerecht teilen konnte, als sie zu Boden gerissen wurde. Nach der ersten Schrecksekunde, in der sie nur gemerkt hatte, wie sie nach hinten fiel, begriff sie, dass jemand ihr so gegen den Kehlkopf geschlagen hatte, dass sie nun nach Luft japste und gleichzeitig versuchte zu husten. Panisch trat sie um sich, schlagen würde nur bedeuten, ihre Beute zu verlieren. Aber jemand hielt sie auf dem Boden, klemmte sie ein, drückte gegen ihre Schultern.
Langsam öffnete Elrica ihre Augen und betrachtete durch die Tränen darin den Mann, der an allem Schuld war. Er war groß, das konnte sie selbst in dieser misslichen Lage erkennen. Groß und muskulös. Seine Oberkleidung bestand aus einem dunkelbraunen Hemd und einer roten Jacke mit Abzeichnen, die jedem zu verstehen gab, dass er eine Palastwache war.
Es machte wenig Sinn, doch Elrica strampelte weiter, um sich vielleicht doch noch zu befreien. Sie musste nach Hause kommen. Sie war doch bisher immer nach Hause gekommen!
„Ich habe nicht erwartet, ein dürres Mädchen anzutreffen“, sagte der Mann leise mit einer Stimme, die zu hoch für seinen Körper wirkte. Seine Augen, die ein wenig zu eng beieinander standen, musterten sie beinahe gelangweilt.
„Ich bin eine Frau, kein Mädchen!“, spie sie ihm entgegen, so gut das mit ihrem rauen Hals ging.
„Das solltest du in dieser Situation besser für dich behalten. Du weißt nicht, wie wenig Skrupel ich habe.“
Er griff ihr Kinn und hielt es fest genug, dass sie den Kopf nicht mehr bewegen konnte. Die Angst vor dem, was er angedeutet hatte, lähmte sie.
„Zeig mir, was du mitgehen lassen hast!“
„Nein!“
„Ich werde es so oder so sehen. Ein Pfiff von mir, dann kommen die anderen her. Und die wollen garantiert nicht nur mit dir reden.“
Sie taxierte ihn, während sie ihre Chancen auf Flucht durchrechnete. Er war größer, aber sie war schnell. Das Problem war, dass ihr das Atmen schwer fiel, aber darum musste sie eben einen Weg finden. Was sich viel eher als Schwierigkeit herausstellen konnte, war die Waffe, die sicher an seinem Gürtel befestigt war. Beruhte ihr Mechanismus auf Zahnrädern oder der Benutzung von Schießpulver, war sie langsam und hatte eine gewisse Reichweite. Bis er auch nur einen guten Schuss abfeuern konnte, wäre sie verschwunden. war die Waffe magischer Natur, erhöhte das ihre Geschwindigkeit, Genauigkeit und Durchschlagskraft. Elrica wusste, dass sie mit dieser Überlegung schon drei Schritte zu weit war, schließlich musste sie erst einmal unter dieser Wache heraus kommen. Aber sie musste sich entscheiden, ob sich ein weiterer Kampf überhaupt lohnte.
Natürlich tat er das!
„Ich warte, Mädchen.“
Der Mann sah nicht aus, als würde er bluffen. Stattdessen wirkte er noch immer ein wenig desinteressiert an der Situation, in der er sich befand.
„Du verletzt mich trotzdem und lieferst mich aus. Warum zögern?“
„Weil kleine dürre Diebinnen kaum die echten Kronjuwelen gestohlen haben können – die, ganz nebenbei, auch gar nicht hier sind – noch andere verdient haben.“ Die Gleichgültigkeit in seiner Stimme störte Elrica mehr als alles andere. „Wenn du das anders siehst, musst du es mir nur sagen. Ich pfeife gerne für dich. Der Rest der Wache ist bestimmt anderer Meinung als ich.“
„Bist wohl nicht Manns genug, mich selbst zu nehmen, hä?“
Das entlockte ihm ein Grinsen, wie sie es von Rowan kannte – spitzbübisch. „Es tut mir leid, dich da enttäuschen zu müssen. Bei deinem knabenhaften Körper krieg ich ihn gar nicht hoch.“
Trotz ihrer Situation fühlte Elrica sich erröten. Als ob sie etwas für ihre Figur könnte!
„Wollen wir jetzt mit den Komplimenten aufhören? Wir sollten uns beeilen, ehe die anderen doch noch herkommen. Los, zeig mir, was du geklaut hast! Das ist deine letzte Chance.“
„Und wenn ich sie nicht nutze?“
„Dann werden wir herausfinden, welcher meiner Kollegen am meisten auf burschikose Frauenkörper steht.“
Elrica rümpfte die Nase, ehe sie ihr Diebesgut ganz langsam in das Blickfeld des Mannes brachte. Wenn er ihr diesen Strohhalm bot, sich vor einer schweren Bestrafung in Sicherheit zu bringen, würde sie diesen greifen.
„Das ist ja...“, verwundert nahm er in Augenschein, was sie ihm zeigte.
„Wie viele Leute wolltest du denn mit diesem zerbröselten Stück Kuchen satt kriegen?“
„Keinen. Von Kuchen wir man nicht satt.“
„Aber glücklich. Also lass es mich so formulieren: Wie viele Leute wolltest du denn mit diesem zerbröselten Stück Kuchen glücklich machen?“
Er stieg von ihr herunter und zog sie dann auf die Beine. Für einen Moment drehte sich alles, so dass sie fast gegen ihn taumelte. Doch Elrica gelang es knapp sich aufrecht zu halten, obwohl ihr Hals schmerzte und ihr Körper nicht recht wusste, was geschehen war.
Zwischen ihnen lag eine Armlänge Platz und der Ausdruck auf dem Gesicht des Mannes hatte ein wenig an Teilnahmslosigkeit eingebüßt. Eine Flucht wäre ihr unter diesen Umständen plötzlich möglich und sie glaubte auch nicht, dass er sie verfolgen oder auf sie schießen würde. Vielleicht blieb sie deswegen stehen.
„Fünf. Wenn man mich mitzählt.“
Im Stehen wirkte er noch größer als zuvor. Die Muskeln unter seiner Kleidung waren offensichtlich, jedoch vollkommen entspannt. Doch ihre Kraft konnte Elrica noch immer an ihrem Hals spüren.
„Wie ist dein Name?“, fragte er, ohne eine Antwort zu erhalten. Er wartete noch einige Sekunden ab. „Okay, dann probiere ich es anders: Die anderen Wachen nennen mich Jeff, aber sie wissen nicht, dass ich eigentlich Christopher Pierce heiße.“ Sie machte große Augen. „Du darfst entscheiden, ob du deinen richtigen Namen verrätst, oder nur ein Pseudonym preisgibst.“
Einer der Erben der Pierce-Werke stand vor ihr! Sein Vater war ein wichtiger Arbeitgeber in der Region und obwohl es in seinen Werken für Haushaltswaren wesentlich menschlicher zuging als bei anderen hohen Herren, genoss er unter der einfachen Bevölkerung wenig Ansehen. Dass dieser Mann vor ihr sich nun als einer der Erben herausgestellt hatte, war so verrückt, dass Elrica ihn nur anstarren konnte. Nein, das musste eine Finte sein. Wieso sonst sollte ein reicher Schnösel als Palastwache tätig sein und kleinen Diebinnen im Wald nachjagen? Die Vorstellung war so absurd, dass sie wahr sein könnte. Immerhin würde sich niemand als einer der drei Söhne – Jonathan, Christopher und Alexis – ausgeben, wenn er noch alle Sinne beisammen hatte. Vielleicht war es doch ein Trick, um sie zu verunsichern? Er könnte John Doe heißen, nach allem, was sie wusste.
„Elrica“, antwortete sie dennoch wahrheitsgemäß.
„Sehr hübsch. Elrica rollt gut von der Zunge.“
Christopher griff langsam an seinen Gürtel, wobei Elricas Körper sich bereits auf eine Flucht vorbereitete.
„Ganz ruhig, ich ziehe mich weder aus, noch will ich dich erschießen.“
„Was kann ein Pierce-Erbe dann von mir wollen?“
Trotz aller Gerüchte um die hohen Herrschaften, trotz all dem Hass, der sich teils wie ein Lauffeuer zu verbreiten suchte, konnte Elrica in Christopher niemanden erkennen, der ihr übermäßig unsympathisch war. Trüge er einen maßgeschneiderten Anzug mit Zylinder auf dem Kopf und einem steinbesetzten Gehstock in der Hand, wäre dies sicher anders. Doch in der Uniform der Palastwache wirkte er so normal, dass sie ihn sich nicht dabei vorstellen konnte, wie er die Geschicke eines Unternehmens leitete.
„Meine altruistische Ader befriedigen“, antwortete er mit einem Schmunzeln, das sein ganzes Gesicht erleuchtete.
„Ach, so nennt man das jetzt?“
„Zu knabenhaft“, erinnerte er sie, als seine Hand weiter zur rechten Seite ging, wo nicht seine Waffe hing, sondern ein kleiner Beutel, der auf den ersten Blick ungefährlich wirkte. Er löste ihn und reichte ihn Elrica.
„Was ist das?“, fragte sie misstrauisch.
„Schau einfach rein. Mein größtes Laster.“
„Ich wüsste nicht, dass ich schon bereit bin, mir von dir Spitznamen geben zu lassen.“
„Du hast ja doch Humor!“, er grinste, „aber wir haben keine Zeit, die anderen kommen-“
„Was. ist. das?“
Er seufzte. „Toffees. Die besten in ganz England. Passen sicher fantastisch zu zerbröseltem Kuchen.“
„Aber warum?“, fragte sie, als sie ihm den Beutel abnahm.
„Weil auch Ihre Majestät wohl auf ein winziges Stück Ihres Kuchens verzichten kann, wenn er so einen kleinen Teil Ihrer Bevölkerung wesentlich zufriedener macht.“
Elrica machte einen Schritt zurück. „Dein Ernst?“
„Der Diebstahl von Gebäck rechtfertigt keine harte Strafe. Ihr habt Hunger, wir nicht. Der Kuchen wird Ihrer Majestät nicht fehlen, die Toffees werden mir nicht fehlen. und nun muss ich den anderen berichten, dass ich einen Dieb in“, er drehte sich gen Süden und deutete dorthin, „diese Richtung entkommen sah. Auf bald!“
Bevor sie die Worte fand, sich bei ihm zu bedanken oder ihrer Verwirrung Luft zu machen, verschwand Christopher zwischen den dichteren Büschen in ihrer Nähe, woraufhin Elrica sich sogleich umdrehte und ihren Weg nach Hause fortsetzte. Kuchen, Toffees und Christopher Pierce – das würde Rowan ihr nie im Leben glauben!

2 Kommentare:

  1. Ich freu mcih immer so, etwas von dir zu lesen. Und ich finds super, dass du dich dieser Challenge angenommen hast.



    Das war so wundervoll! :3
    Ich will mehr davon lesen.
    Bitte sag mir, dass das nicht alles ist. Dass es noch weiter geht, dass das Teil einer größeren Geschichte ist!

    Ich liebe deine Texte ja alle und ich hab schon so oft gedacht "Ich will weiterlesen. Unbeidngt!", aber der hier hat es mir ganz besonders angetan.

    Ich möchte mehr über Elrica wissen.
    Und ich möchte noch viel mehr von Christopher lesen ♥

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    1. Ähm, ähm... eigentlich hat höchstens Chris Backstory gehabt, aber Elrica hat mir beim Schreiben genug Spaß gemacht, dass ich sie bestimmt erneut benutzen werde, wenn es sich ergibt. <3

      Danke für Deinen Kommentar. :D :D

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